Ohne Wasser kein Leben. Wer an Selbstversorgung denkt, kommt also irgendwann um die Frage nicht herum: Woher kommt das Wasser zum Duschen, Händewaschen, Trinken? Und wohin geht es?
Wir haben eine Methode entwickelt Brauchwasser ähnlich wie im natürlichen Kreislauf wieder aufzubereiten. Wir: das ist das Team von Wohnwagon, das sich seit zwei Jahre mit selbstbestimmtem, autarken Wohnen beschäftigt.
Dazu haben wir eine Grünkläranlage am Dach unseres Wohnwagons.
Das Ziel: Prozesse aus der Natur verstehen und nutzbar machen. In diesem Beitrag erzählen wir euch, warum wir von dem System überzeugt sind, wie der Aufbau funktioniert und was unsere bisherigen Erfahrungen sind.
Die unglaublichen Vorteile eines grünen Sumpfpflanzendachs
Warum machen wir das? Ein Gründach auf einem Holz-Wohnwagen? Generell ja eher ungewöhnlich. Das grüne Dach mit Klärfunktion hat folgende Vorteile:
- Zusätzliche Dämmung & Klimaanlage im Sommer (die Verdunstung des Wassers sorgt im Sommer für eine natürliche Klimaanlage)
- Feinstaub-Reduktion
- Zuhause für Bienen (ein paar Pflanzen wurden extra dafür ausgewählt)
- Und wenn’s dann serienreif ist: Eine Lösung für jede Hütte, jedes Tiny House oder Containerhaus. Und wer weiß vielleicht sogar einmal für Einfamilienhäuser.
Außerdem unterstützt es noch unser politisch-philosophisches Statement, das wir mit dem Wohnwagon setzen wollen – reduziertes, zukunftsfähiges Wohnen ist möglich und kann auch wirklich leiwand sein!
Ist das jetzt High-Tech? Biotechnologie? Eigentlich nicht, ein bisschen vielleicht, aber im Grunde ist Wasserreinigung durch Pflanzen etwas, das seit Jahrtausenden in jedem Bach und Fluss stattfindet. Das ist eine Dienstleistung, die uns die Natur abnehmen kann. Wenn wir wissen, wie!
Aber jetzt konkret zur Grünkläranlage.
Zuerst muss erwähnt werden: Abwasser ist nicht gleich Abwasser. In den Kreislauf kommt bei uns nur Wasser von der Dusche und dem Waschbecken. Urin wird in unserer Bio-Toilette getrennt und ist nicht Teil des Systems. Fäkalien sowieso nicht. Das ist wichtig, weil „Schwarzwasser“ (mit Fäkalien) weitaus komplizierter und aufwändiger zu klären ist als das leicht verschmutzte „Grauwasser“ aus Dusche & co. Dort finden sich Seifenreste, Shampoo (wir empfehlen Bioseife statt Chemie-Keule) und verschiedene organische Materialien. Zu einem guten Teil können diese Stoffe von Pflanzen wieder als Nährstoffe verwendet werden!
Hier sieht man so eine Biotoilette, die ohne Kanal- und Wasseranschluss auskommt. Das Prinzip davon erklären wir hier.
Insgesamt sind im Wagen runde 650 Liter Wasser im Kreis unterwegs. Die Umlaufpumpe wird über die Photovoltaik-Anlage betrieben. Der Großteil befindet sich am Dach, 140 Liter sauberes Wasser sind in den Tanks im Boden gespeichert und stehen dem Benutzer zur Verfügung. Regenwasser wird über das Flachdach gesammelt und füllt den Kreislauf immer wieder auf, so ersetzt es das Wasser, das entnommen wird oder verdunstet. Es verdunsten ca. 5 – 15% des Wassers je nach Jahreszeit.
Der Kreislauf – so funktioniert’s im Wohnwagon
Das Regenwasser wird über das Flachdach gesammelt. Durch einen Partikelfilter und einen Sandfilter ist das Wasser perfekt geeignet als Brauchwasser aller Art. Im bodenintegrierten Tank wird das gefilterte Wasser gesammelt und verteilt – also zur Dusche, den Wasserhähnen und auch zum Badeofen (70 Liter), der als Warmwasser und Heizkörper dient. Der Wassertank des Badeofens hat einen integrierten Wärmetauscher. Dadurch kann der Ofen mit der Solaranlage gekoppelt werden. Das benutzte Brauchwasser (von Dusche oder Waschbecken) wird wieder in den Kreislauf gebracht. Eine Pumpe transportiert es in unseren Grünfilter am Dach. Dafür verwenden wir sogenannte Repositionspflanzen, die aufgrund ihrer hohen Wurzelaktivität besonders gut geeignet sind, um Wasser zu reinigen.
Und jetzt zum Aufbau unseres Filtersystems:
Solarheizung: 5° C das ganze Jahr
Mit Warmwasserschläuchen, die direkt an unserer Solaranlage angeschlossen sind, stellen wir sicher, dass das ganze Jahr die Temperatur der Grünkläranlage nicht unter 5°C fällt und das Wasser nicht gefriert. Eisblöcke sind kontraproduktiv im Kreislauf. Die notwendige Pumpe wird über die Photovoltaik-Inselanlage betrieben.
Wurzelvlies
Ein spezielles Vlies dient als Grundlage für die Verwurzelung der Pflanzen. Die wollen sich natürlich ordentlich festhalten können. Wir unterstützen sie dabei. Starke Wurzeln sind bei Grünfiltern übrigens besonders wichtig, denn dort passiert die eigentliche Reinigung des Wassers. Das Vlies speichert 6 Liter Wasser pro Quadratmeter und ist unten mit einer Drainage-Struktur versehen, die das Abfließen des Wassers bei Starkregen unterstützt.
Granulat: Pflanzenkohle & Mineralien
„Normale“ Erde macht sich im Kreislauf weniger gut, wir wollen ja keinen Schlamm in den Wasserrohren. Stattdessen gibt es für die Pflanzen ein rein mineralisches Substrat. Dieses Granulat haben wir mit Pflanzenkohle vermischt. Pflanzenkohle hat mikroskopisch gesehen eine riesige Oberfläche und speichert damit unglaublich viel Wasser und Nährstoffe. Sie ist auch ein Zuhause für Mikroorganismen, die ebenfalls enorm wichtig für die Wasserreinigung sind.
Die Kohle haben wir übrigens zu Beginn „geimpft“. Tut man das nicht, zieht die Kohle Wasser und Nährstoffe zuerst mal an, nimmt sie den Pflanzen also weg. Wie das mit dem Impfen geht? Nix für schwache Gemüter: Pflanzenkohle zerkleinern und mit Pferdemist, Wasser und Dünger überschütten, luftdicht zudecken und zwei Wochen ziehen lassen. Dann die Kohle wieder auswaschen. Ginge genauso auch im Komposthaufen. Unser Fazit jedenfalls: Wer das übersteht, den schockt so schnell nichts mehr.
Und das wichtigste: Die Pflanzen
Für die Grünkläranlage verwenden wir spezielle Sumpfpflanzen, die wir mit unserem Forschungspartner alchemia nova und den Profis von Wasserpflanzen Lechner ausgesucht haben. Danke auch an das Ingenieurbüro Blumberg für die Unterstützung und die Weitergabe der Erfahrungen!
Die Pflanzen sind sogenannte Repositionspflanzen, die aufgrund ihrer hohen Wurzelaktivität besonders gut geeignet sind, um Wasser zu reinigen. Mikroorganismen im Wurzelbereich der Pflanzen spalten die Stoffe im Grauwasser auf, sodass sie von den Wurzeln der Pflanzen als Nährstoffe aufgenommen werden können. Übrig bleibt: Sauberes Wasser.
Eine kleine Auswahl, was wir verwenden:
- Juncus Effesus (Flatter-Binsen)
- Iris Pseudacorus (Sumpf Schwertlilie)
- Juncus Inflexus, Juncus Articulatus (Blaugrüne Binsen, Glieder-Binsen)
- Equisetum Minima, Equisetum Palustre (Schachtelhalme)
- Carex Riparia, Carex Acuta (Seggen)
- Typha Minima (Rohrkolben)
- Symphytum (Beinwell)
- Caltha palustris (Sumpf-Dotterblume)
- Filipendula ulmaria (Mädesüß)
- Lythrum salicaria (Blutweiderich)
- Mentha aquatica (Wasserminze)
- Lychis flos cucli (Kuckucks-Lichtnelke)
Die Pflanzen selbst sind alle winterhart, halten auch Frost aus und sind generell keine Tussis. Pflege ist kaum nötig.



Wir haben den Versuch mit der Grünkläranlage im Oktober gestartet und hoffen euch bald Messergebnisse präsentieren zu können, wie gut die Wasserreinigung klappt. Ein paar erste Erkenntnisse:
- Man sollte mit einer kleinen Pumpe sicherstellen, dass der Kreislauf immer in Bewegung bleibt. Sobald Wasser steht kann es im Tank kippen und es können sich Bakterien entwickeln.
- Wasserflüsse sollten klar gesteuert werden, damit man kontrollierte Reinigung hat. Wir haben kleine separate Bereiche abgetrennt am Dach des Wagens, die das ermöglichen.
- Unterschiedliche Pflanzen haben unterschiedliche Filter-Kapazitäten, manche fühlen sich am Gründach besonders wohl andere weniger. Die richtige Kombination macht’s. Dazu muss man eventuell ein bisschen herumprobieren.
Wir melden uns wieder mit Neuigkeiten & Erkenntnissen von unserer Grünkläranlage.
Übrigens: Wenn wer sowas nachbauen will und die Produkte dazu braucht, meldet euch gern bei uns vom Wohnwagon, entweder per Mail: werkstatt@wohnwagon.at oder telefonisch unter: +43 660 481 43 93!
Habt ihr Erfahrungen mit Wasserkreisläufen, Gründächern oder Pflanzenkläranlagen? Lasst uns gerne in den Kommentaren unterhalb Teil daran haben!